Datenjournalismus auf Social Media: So planst du den passenden Post für jede Geschichte und Plattform

Wie können soziale Medien für Datenjournalist*innen mehr sein als ein Anhängsel nach der Veröffentlichung? Als Partner des European Data Journalism Network (EDJNet) haben unsere Kolleg*innen von DW Data Wege erforscht, neue Nutzer*innen zu gewinnen und DDJ-Geschichten auf Facebook, Instagram, Twitter und YouTube interessanter zu präsentieren. Kira Schacht hat ein paar neue Erkenntnisse zusammengefasst.

5/14/2021

Dieser Blogpost wurde ursprünglich auf dem Deutsche Welle Innovation Blog veröffentlicht. Lies den Originaltext auf Englisch hier.

Um datenjournalistische Geschichten attraktiver zu präsentieren und herauszufinden, welches Format zu welcher Situation passt, haben wir unsere Beiträge auf verschiedenen Plattformen in den verschiedensten Formaten und Komplexitätsgraden aufbereitet:

Bisher haben wir vier Konzepte identifiziert, in die die meisten unserer Beiträge fallen:

  1. Teaser-Charts
  2. Chart-getriebene Erklärstücke
  3. Presenter-getriebene Erklärstücke
  4. Datengestützte Erklärstücke

Posts, die lediglich Vorschaulinks enthalten, fehlen in dieser Liste. Sie sind zwar eine vollkommen valide Möglichkeit, Datengeschichten in sozialen Medien zu promoten, aber unser Fokus liegt hier auf Formaten, die über diese Standardform hinaus gehen.

Euch wird auffallen, dass wir die meisten Konzepte als "Erklärstücke" bezeichnen. Das hat seine Gründe: Selbst nachrichtenlastige Datengeschichten neigen dazu, tiefer in komplexe Themen einzutauchen, und haben oft zum Ziel, tagesaktuelle Debatten in Kontext zu setzen. Vor allem in den sozialen Medien erklären wir daher viel: Es ist fast immer eines unserer Hauptziele, dem Publikum zu helfen, eine Geschichte und die dahinter stehenden Überlegungen zu verstehen.

Für alle vier Ansätze haben wir Templates entwickelt: Vorlagen für typische Post-Arten, definiert durch ihr Format, ihr Ziel und die Plattform, für die sie optimiert sind.

Schauen wir uns diese vier Konzepte mal genauer an.

Teaser-Charts

Aufwand: Gering
Gut geeignet als: Bild oder GIF auf Facebook, Instagram, Twitter
Gut geeignet für: Jede Daten-Story, Projekte mit begrenztem Budget, knappe Deadlines

Der einfachste Weg, eine Story hervorstechen zu lassen, ist ein Teaser-Chart: Eine eigens für die Plattform erstellte Grafik oder Grafik-Sammlung, animiert oder statisch, begleitet von einer kurzen Beschreibung und einem Link zum vollständigen Artikel.

Ein Teaser-Chart sollte einfach genug aufgebaut sein, um auf einem mobilen Gerät noch lesbar zu sein. Idealerweise sollte es an das Format angepasst sein, das auf der jeweiligen Plattform am besten funktioniert (z. B. quadratische Grafiken für den Instagram-Feed).

Ziel eines Teaser-Charts ist es, Interesse an der Geschichte zu wecken, und dieses Interesse in Klicks auf eine externe Website mit dem Hauptartikel umzuwandeln. Teaser-Charts präsentieren eine interessante Erkenntnis, ohne bereits die ganze Geschichte zu verraten.

Da der Aufwand zum Erstellen solcher Charts verhältnismäßig gering ist, eignen sie sich insbesondere auch für Projekte mit geringem Budget und höherem Zeitdruck.

Ein Teaser-Chart kann auf Facebook, im Instagram-Feed oder auf Twitter verwendet werden. Als GIF oder Video lassen sich auch animierte Teaser-Charts veröffentlichen.


Links: DW Politics, Twitter / DW Digital, Facebook

Falls die Ressourcen fehlen, Grafiken eigens für Social Media zu erstellen, ist es immer auch eine Option, das interessanteste Diagramm des Artikels unverändert als Teaser-Chart zu verwenden.

Templates:

  • Statisches Teaser-Chart (Facebook, Instagram, Twitter)
  • Animiertes Teaser-Chart (Facebook, Instagram, Twitter)
  • Linkvorschau-Teaser (Facebook, Twitter)

Chart-getriebene Erklärstücke

Aufwand: Mittel

Gut geeignet als: Kurzes Video für Facebook/Twitter/Youtube, Instagram-Bildergalerie, Instagram Story, Twitter-Thread

Gut geeignet für: Leichtere Themen, Recherchen mit wenig Zeit oder Budget für soziale Medien

Ein Chart-getriebenes Erklärstück ist ein vielseitig einsetzbarer, relativ kurzer Explainer-Post. Er führt vor allem anhand von Grafiken durch eine Geschichte, ergänzt durch Erläuterungen und weitere Informationen zum Thema. Ziel ist es, die wichtigsten Punkte einer datengetriebenen Geschichte anschaulich und kompakt zu vermitteln.

Im Gegensatz zu einem Teaser werden bei einem Chart-getriebenen Erklärstück die meisten Informationen direkt auf der Social Media Plattform präsentiert. Der Beitrag kann dennoch einen Link zum vollständigen Artikel enthalten, es ist aber nicht die Hauptabsicht, Traffic auf eine externe Website zu führen.

Chart-getriebene Erklärstücke lassen sich in Form verschiedene Templates umsetzen: Als kurzes Video für Facebook, Twitter oder den Instagram-Feed zum Beispiel, oder in Form einer Story für Instagram, Facebook oder Twitter Fleets.

Im Instagram-Feed gibt es außerdem die Option, den Post als Chart Sandwich Galerie zu gestalten: Eine Bildergalerie, die besteht aus:

  1. einer Titelfolie mit einer Überschrift, gefolgt von
  2. Folien mit erklärenden Charts, und
  3. optional weiteren Informationen in Form von Videos oder Fotos.

Der Beschreibungstext des Posts kann dann genutzt werden, um einen kurzen Überblick über die Geschichte zu geben. Für Medien wie Axios zum Beispiel zählt dieses Format schon lange zu den Grundbausteinen ihrer Instagram-Strategie.

Link: DW Global Ideas & Environment, Instagram

Wir haben außerdem gute Erfahrungen mit Explainer-Threads auf Twitter gemacht. Sie ermöglichen es Leser*innen, schnell die Essenz einer Geschichte zu erfassen, und bieten die Möglichkeit, Interviewpartner*innen und relevante Organisationen zu verlinken sowie bei Bedarf Grafiken, Bilder und Videos einzubinden. Explainer-Threads sind damit eine hervorragende Low-Budget-Option, um komplexe Themen zu erklären.

Link: DW News, Twitter

Die Produktion solcher Chart-getriebenen Erklärstücke nimmt zwar mehr Zeit in Anspruch als die von Teaser-Charts, der Arbeitsaufwand ist aber in der Regel noch überschaubar.

Templates:

  • Chart Sandwich Video: Facebook, Instagram Feed / Reels, Twitter, Youtube
  • Kurzer Explainer-Thread: Twitter
  • Chart Sandwich Galerie: Instagram-Feed
  • Chart Explainer Story: Facebook Story, Instagram Story, Twitter Fleets

Presenter-getriebene Erklärstücke

Aufwand: Mittel

Gut geeignet als: Story, Video für Facebook/Twitter, Twitter-Thread auf persönlichem Account

Gut geeignet für: Meta-Erklärstücke über Daten, Blicke hinter die Kulissen

Bei Presenter-getriebenen Erklärstücken stellen die Autor*innen ihre Geschichte selbst vor der Kamera vor. Besonders gut passt dieses Konzept zum Beispiel für besonders komplexe Themen mit wenig Bildmaterial oder für einen Blick hinter die Kulissen einer Recherche.

Als Format eignen sich etwa Stories (auf Facebook, Instagram oder Twitter Fleets) oder kurze Videos. Auch ein Twitter-Thread auf dem persönlichen Kanal der Autor*innen ist eine Option.

Link: DW News, Instagram

Auch hier ist das Ziel, die Geschichte direkt auf der Plattform zu erzählen.

Presenter-getriebene Erklärer funktionieren zum Beispiel besonders gut für Meta-Erklärer über Daten. Die persönliche Verbindung zum Publikum hilft, trockene Themen anschaulicher zu vermitteln. So haben wir zum Beispiel in einer presenter-getriebenen Instagram-Story erklärt, wie Covid-19-Fallzahlen gesammelt und durch verschiedene Organisationen geleitet werden, bevor sie internationale Dashboards erreichen.

Vom Aufwand her sind Presenter-getriebene Erklärer mehr oder weniger gleichauf mit Chart-getriebenen Erklärstücken.

Templates:

  • Presenter Explainer Video: Twitter, Facebook, Instagram, Youtube
  • Presenter Explainer Story: Instagram, Facebook, Twitter
  • Presenter Explainer Thread: Twitter

Datengestützte Erklärstücke

Aufwand: Hoch

Gut geeignet als: Langes Video für Youtube, Twitter oder Facebook

Gut geeignet für: Komplexe Geschichten mit Bildmaterial, größeres Budget

Dieser Ansatz nutzt Daten und Visualisierungen zur Unterstützung, auch wenn die Geschichte nicht im Kern datengetrieben ist. Ein Paradebeispiel für datengestützte Erklärer sind die Videos von Vox auf Youtube: Erklärstücke in Langform, die tief in die Komplexitäten einer Geschichte eintauchen. Solche Stücke können zwar auch auf einem Text-Artikel basieren, konzentrieren sich dann aber meist auf eigene Aspekte und spielen die Stärken eines visuellen Mediums aus, oft mit einem stärkeren Fokus aufs Storytelling.

Ziel ist es auch hier, mit dem Publikum direkt auf der Social-Media-Plattform in Kontakt zu treten. Datengestützte Erklärstücke funktionieren nicht für jede Geschichte: Spannende Details oder eine überraschende Prämisse führen das Publikum an die komplexen Details einer Geschichte heran.

Link: DW News, Youtube

Solche Erklärstücke lassen sich gut als längere Videos umsetzen. Als solche brauchen sie allerdings starkes visuelles Material, um eine Geschichte über Diagramme und Grafiken hinaus zu unterstützen. Mit genügend Tiefe und Material könnte allerdings auch ein Explainer-Thread auf Twitter in diese Kategorie fallen.

Datengestützte Erklärstücke benötigen von allen vorgestellten Konzepten generell am meisten Zeit, Aufwand und Geld in der Umsetzung. Aufwand und Kosten können sich aber lohnen: Datengestützte Erklärstücke können neue Zielgruppen für komplexe Geschichten und Recherchen öffnen.

Templates:

  • Long-Form Erklärvideo: Facebook, Twitter, Youtube
  • Langer Explainer-Thread: Twitter

Tragen Sie zu unserer DDJ-Social-Media-Matrix bei

Dieser Versuch, datengetriebene Social-Media-Posts zu kategorisieren, ist durch den spezifischen Fokus der Deutschen Welle und des EDJNet geprägt. Es gibt sicher noch weitere Konzepte und Templates in freier Wildbahn, die wir gerne in unser System integrieren.

Wenn ihr Vorschläge habt, schreibt gerne an das DW Data Team unter: [email protected]

Mehr zum Thema

Möchtest du mehr über Datenjournalismus auf Social Media erfahren? Wirf einen Blick auf die anderen Blog-Beiträge zu diesem Thema:

  1. Gianna Grün: More Than Boring Numbers: Data Journalism on Social Media
  2. Eva Lopez: Data-driven Journalism for Social Media: How to Tweak Your Workflow
    (Diesen Post gibt es hier auch auf deutsch: Wie Datenjournalismus-Teams ihre Social-Media-Workflows optimieren können)
  3. Eva Lopez: You Draw It AR: Instagram Face Filters for Data-Driven Journalism

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